Wenn man sich mit der Medialität Fontanes beschäftigt, scheint die Vielfalt zunächst überschaubar. Schließlich liegt Fontanes Schaffen vollständig im 19. Jahrhundert, als technische Medien erst erfunden und entwickelt wurden, aber noch nicht etabliert waren. So etwas wie Radio-Hörspiele oder Film-Drehbücher wird man in Fontanes Werk darum nicht finden. Fontanes Hauptmedium ist und bleibt die (gedruckte) Schrift. Innerhalb dieser Schriftkultur hat sich Fontane jedoch durchaus breit positioniert.
Zeitungen und Zeitschriften
Heutzutage ist Theodor Fontane in erster Linie für die Romane bekannt, die er in seiner letzten Lebensphase verfasst hat, wie etwa Effi Briest oder Der Stechlin. Dieser Hochphase seines Schaffens ging jedoch eine langjährige schriftstellerische Entwicklung voraus. Fontanes Verbindungen mit der Presse waren besonders eng. Er war für zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften journalistisch und feuilletonistisch tätig. Besonders bekannt ist seine Arbeit für zum Teil politisch gegenseitig ausgerichtete Blätter wie die Vossische Zeitung und die Neue Preußische (Kreuz-)Zeitung.
Gerade in der Anfangsphase seines Schaffens veröffentlichte Fontane in erster Linie Gedichte und Balladen in Zeitschriften wie dem Figaro. Später ging er zu politischer Berichterstattung oder Kriegsberichten über, gepaart mit Beiträgen für das Feuilleton. Dieser Phase seines Schaffens wird in der Forschung in erster Linie als Übergang zwischen Balladendichtung und Prosa Bedeutung beigemessen.[1] Aber auch schon als freier Schriftsteller und Verfasser von Romanen blieb Fontane auf die Zeitungen und Zeitschriften angewiesen, denn die meisten seiner Werke wurden in diesen vorabgedruckt, um Interesse des Publikums zu generieren. Nicht zuletzt war Fontane außerdem sein Leben lang ein fleißiger Verfasser von Kritiken zu Literatur, Kunst und Theater.
Das Medium der Zeitung und Zeitschrift zeichnet sich durch eine periodische Veröffentlichung und starke Aktualität aus. Man kann also davon ausgehen, dass Fontane immer auf der Höhe der Zeit lebte und sich stets gut im Zeitgeschehen auskannte. Sein Interesse an der Politik ist nicht allein durch Beiträge zur Vormärzdichtung nachweisbar, die genaue Ausrichtung dieses Interesses bleibt jedoch aufgrund ihrer Widersprüchlichkeit umstritten.[2]
Briefe
Fontane war ein sehr fleißiger Briefeschreiber. Der Brief war das Kommunikationsmedium des 19. Jahrhunderts und Fontane hat viel und gern kommuniziert. Da er auch viel gereist ist, sind vor allem die Briefe an seine Ehefrau Emilie zahlreich vorhanden. Aber auch mit Schriftstellerkollegen und Verlegern kommunizierte er viel schriftlich.
Das Medium Brief zeichnet sich vor allem durch seine persönliche Note aus. In der Regel geht man nicht davon aus, dass außer dem Sender und Empfänger ein Außenstehender Zugang zu dem Brief bekommt, darum werden darüber auch persönliche und vertrauliche Informationen geteilt. Der Aktualitätsbezug in Briefen ist groß. Man kann darum in Fontanes Briefen, die er während des Arbeit an Romanen und Essays geschrieben hat, zusätzliche Bemerkungen zu diesen finden.
Fontane selbst soll die Authentizität des Mediums Brief hochgehalten und sie als historisches Dokument jedem anderen Stoff vorgezogen und als Quelle seiner journalistischen Arbeit geschätzt haben.[3] Nicht nur darum sind zahlreiche seiner Romanfiguren leidenschaftliche Briefeschreiber.
Erste Briefsammlungen zu Fontane wurden bereits kurz nach seinem Tod veröffentlicht. Aus Rücksicht auf noch lebende Familienangehörige und Freunde waren diese jedoch gekürzt und zensiert worden. Diese Tatsache muss man bei der Betrachtung von zeitgenössischen Bezügen auf diese Sammlungen, wie etwa den Essay Der alte Fontane von Thomas Mann, im Kopf behalten. Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden ein großer Teil dieser Briefe neu editiert und kommentiert herausgegeben. In den 80er Jahren wurden die Sammlungen durch neue, bisher unveröffentlichte Briefe ergänzt. Die editorische Arbeit an den Briefen bleibt eine große Herausforderung für die Fontane-Forschung.[4]
Romane und Novellen
Das Medium des Romans schließlich ist das, wofür Fontane in der heutigen Zeit am meisten bekannt ist. Schon in der Schule kommen die meisten mit seinem bekanntesten Werk Effi Briest in Berührung. Ein Roman ist etwas, das die Zeit überdauert, ein Kommunikationsmedium, das Jahrhunderte überbrücken kann. Trotz dieser potenziellen Zeitlosigkeit gelten Fontanes Romane als sehr zeitbezogen, als Blick in die Gesellschaft des 19. Jahrhunderts.
Das liegt unter anderem auch daran, dass Fontane sich für seine Stoffe von aktuellen Geschehnissen in seiner Umgebung und der Öffentlichkeit inspirieren ließ. So soll zum Beispiel ein Kriminalfall im Oderbruchsdorf Letschin die Inspiration für seine Novelle Unterm Birnbaum gewesen sein[5] oder ein Ehebruchskandal in der Berliner Gesellschaft als Vorbild für L’Adultera[6] gedient haben.
Seine Novellen und Romane haben eins gemein: die Konzentration auf Gesellschaft und Dialoge. Vor allem Themen wie die gesellschaftlichen Konsequenzen von Ehebruch oder die schicksalhafte Stellung der Frau in seiner Zeit haben Fontane fasziniert – und die Fontane-Forschung mit ihm. Die Romane Fontanes sind zeitbezogen und bleiben nicht nur darum über alle Zeiten hinweg interessant, wie ein Fenster in die eigene Vergangenheit. Auch im digitalen Zeitalter bleibt Fontane also aktuell wie eh und je.
[1] Vgl. Charlotte Jolles: Theodor Fontane. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart/Weimar 1993, S. 25.
[2] Vgl. ebd., S. 116.
[3] Vgl. Helmuth Nürnberger: Fontanes Welt. Berlin 1997, S. 388.
[4] Vgl. Charlotte Jolles: Theodor Fontane. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart/Weimar 1993, S. 139.
[5] Vgl. ebd., S. 57.
[6] Vgl. ebd., S. 47.
Literaturverzeichnis
Charlotte Jolles: Theodor Fontane. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart/Weimar 1993.
Helmuth Nürnberger: Fontanes Welt. Berlin 1997.