Kommando zurück, wenn wir schon auf Fontanes beziehungsweise Céciles Spuren wandeln, dann aber so richtig, wir fahren natürlich mit dem Zug! Los geht es am 24. Juli in aller Frühe und zurück geht es am 28. Juli, Quedlinburg und Umgebung haben also vier Tage Zeit ihren Zauber auf uns auszuüben. Wir fahren unter der Woche, in der Hoffnung, dass sich der touristische Ansturm in Grenzen halten wird, denn zu Céciles Zeiten war der Pauschaltourismus schließlich erst ein zartes Pflänzchen und genau diesen Eindruck wollen wir ja auch bekommen.
Leider schreibt Fontane nicht genau, von welchem Bahnhof die Arnauds abreisen, aber, wenn man der Fahrtbeschreibung folgt, an der Siegessäule und dem Zoo vorbei, dann liegt die Vermutung nahe, dass sie vom Potsdamer Bahnhof abreisten. Eine kurze Recherche im Internet fördert zwei Streckennetzpläne von 1896 und 1910 zu Tage, die, wenn man sie vergleicht, meine Vermutung stützen.
Cécile wurde zwar schon 1887 veröffentlicht, ich gehe jetzt aber mal davon aus, dass sich in den Jahren streckennetztechnisch nicht viel getan hat. Wir sprechen schließlich von Berlin, da dauern große bauliche Veränderungen gerne mal ein bisschen länger.
Wir werden unsere Reise am Hauptbahnhof beginnen, dem ehemaligen Lehrter Stadtbahnhof, denn der Potsdamer Bahnhof wurde nach dem zweiten Weltkrieg und der Teilung Berlins zu einem unterirdischen Regional- und S-Bahnhof degradiert.
Auf den Diener, der uns die Fahrkarten besorgt und nachreicht, werden wir aber verzichten müssen. Außerdem werden wir uns nicht in Thale einquartieren, sondern in Quedlinburg.
Das hat zwei Gründe, zum einen hat mich ja die Beschreibung Quedlinburgs verzaubert und zum anderen besteht leider seit rund 100 Jahren nicht mehr die Möglichkeit in dem besagten „Hotel Zehnpfund“ abzusteigen. Das Haus hat zwar beide Weltkriege unbeschadet überstanden, ist jedoch kurz vor dem ersten Weltkrieg Konkurs gegangen. Grund dafür war der einsetzende „Massentourismus“, was die exklusivere Klientel, die sich das „Zehnpfund“ leisten konnte, dazu animierte, Thale den Rücken zuzukehren. Momentan harrt es seiner Wiedererweckung, Pläne sehen eine erneute Inbetriebnahme als Hotel vor, so zumindest der Stand 2016.
Hinzukommt, dass Quedlinburg um 7000 Einwohner größer als Thale ist und als Trubel verwöhnter Hauptstädter sollte man die Ruhe und das, nennen wir es mal gemächlichere Tempo einer Kleinstadt nicht unterschätzen. Wenn man schon die Wahl hat, nimmt man die nächst größere. Unabhängig davon ist Quedlinburg über 1000 Jahre alt und Weltkulturerbe.
Wir werden also in Quedlinburg im Hotel „Alter Fritz“ absteigen. Auf der Internetseite präsentiert es sich als ein wenig urig, doch durchaus mit Charme und das Beste, es ist mitten in der Altstadt von Quedlinburg gelegen. Außerdem fühle ich mich bei dem Hotelnamen als alter Preuße natürlich gleich ein wenig heimisch. Eine genauere Beschreibung folgt dann natürlich, wenn ich vor Ort bin.
So, nachdem Fahrt und Unterkunft gebucht sind, kann ich mich um die Planung der Reise kümmern, denn im Gegensatz zu Cécile können wir uns nicht einfach treiben lassen, wir haben ein Soll zu erfüllen und das lässt sich nur durch diszipliniertes Einteilen der uns verfügbaren Zeit einhalten. Ein kurzer Blick in unsere Bibliothek und ich stelle fest, dass der Ausflug von vor zwei Jahren doch schon weitergediehen war, als ursprünglich gedacht.
Es befindet sich nicht nur ein Reiseführer in unserem Besitz sondern, wenn auch etwas schmalerer Natur, sogar ganze vier, einer davon sogar englischsprachig.
Wenn das kein gutes Omen ist, dann weiß ich auch nicht.
Damit habe ich doch bis zur nächsten Woche ein bisschen was zu tun.
Wobei ich mich über einen Reiseführer ganz besonders freue,
„Auf den Spuren Theodor Fontanes – Ein Literarischer Wanderführer durch den Harz“ von Susanne Leiste-Bruhn. Ich bin offensichtlich nicht der erste, der in jüngerer Zeit auf die Idee gekommen ist, Fontane in den Harz zu folgen.
Es bleibt also immer noch spannend.