„Smartphontane“ – Die rbb-Fontane-App im Test (Tempelhof-Schöneberg)

Die moderne Zeit hat auch Fontane erreicht, denn der rbb hat im Jubiläumsjahr 2019 eine App herausgebracht, mit der man die Lebensstationen Fontanes in Berlin und Brandenburg erleben kann – wenn es denn funktioniert. Wem anderen als uns, dem offiziellen Fontane-Blog, steht es nun zu, die App auf Herz und Nieren zu überprüfen?

Diesmal Berlin Tempelhof-Schöneberg von Isabelle

Die rote App öffnet sich, das rote rbb-Logo gestaltet den Ladescreen und das Erste, was ins Auge springt: Mein Standort umgeben, geradezu überhäuft, von roten Markierungen, hier im Nordosten Deutschlands, in Berlin. Ich bin neugierig, welche mit Fontane assoziierten Orte bei mir in der Nähe sein könnten, und zoome die Karte heran. Und zoome noch weiter und plötzlich steht mein Standort ziemlich einsam da. Weit und breit ist um mein Zuhause herum erst einmal nichts von Fontane zu sehen. Der am nächsten liegende Ort ist entweder ein Gedenkturm in Brandenburg oder eine Hausnummer in einer Straße nahe meiner Uni, der Humboldt-Universität.

Der Gedenkturm interessiert mich da doch mehr. So lese ich mir den dazu verfassten Artikel der Detailseite durch und werde sofort mit geschichtlichen Fakten, auch Zitaten, informiert – angesprochen von einem Ich-Erzähler. Ich bin den Text durchweg etwas verwirrt, denn da ich nicht viel Fontane gelesen habe, bin ich mir nicht sicher, ob dieser hier selbst und durchgängig zu Wort kommt. Eine direkte Literatur- oder Quellenangabe fehlt mir. Und auch steht über den Gedenkturm selbst tatsächlich herzlich wenig geschrieben.

Ich schaue mir ein Video an, das gleich am Anfang des Artikels eingebettet ist. Herbstfarben und Silhouetten, die wie Geister der Geschichte immer nur kurz oder unauffällig ins Bild aufgenommen wurden, gestalten den Ausschnitt der Sendung „Theodor“ von 2012. Zwischendurch wird Fontane merklich zitiert. Der Inhalt des Videos ähnelt dem des geschriebenen Textes und so wird mir langsam bewusst, dass Fontane in dieser App allgegenwärtig sein soll und dass nicht der Gedenkturm, sondern Großbeeren (in Verbindung mit Fontane) im Fokus dieser Detailseite stehen. Doch wird wenigstens hier im Video der Turm in ein paar Sätzen erwähnt.

Eurpäische Geschichte geschrieben, wurde mit der Schlacht von Großbeeren. Eine Vorentscheidung im Kampf gegen Napoleon. Der Turm erinnert an den 23. August 1813.

Nachdem ich mir also beides (Text und Bild) angeschaut habe, bin ich etwas enttäuscht. Eine Welt außerhalb Fontanes Erzählungen und Berichten scheint es hier nicht zu geben. Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass man unterwegs genug Zeit und Datenvolumen hat, um die verschiedenen Videobeiträge anzuschauen. Und wann wurde der Gedenkturm, der laut des Titels des Artikels doch eigentlich prägnanter auftauchen müsste, erbaut? Der Gedenkturm Großbeerens wurde laut Wikipedia „zum 100. Jahrestag der siegreichen Schlacht bei Großbeeren errichtet und am 23. August 1913 eingeweiht“.

Weitere Fragen wären überdies: Aus welcher Ausgabe wurden die Textpassagen zitiert? Von welchen Seiten? Möglicherweise bin ich an dieser Stelle zu kleinlich, aber letzten Endes komme ich nicht umhin, mir diese Fragen zu stellen. Aber gut, ich bin nun bezüglich Kriegsgeschichte etwas klüger und klicke mich durch ein paar andere App-Funktionen.

Da bei mir zuhause nicht viel los zu sein scheint, schaue ich mir, statt den leider weit entfernten unangeklickten und noch unbetitelten roten Markierungen, die Liste der verlinkten Standorte an. Hier hat man sofort einen guten Überblick: Titel, Ortsbeschreibungen, Bilder. Ich scrolle durch die vielen Einträge und bin erstaunt, wie viel Fontane es in Berlin und Brandenburg zu entdecken geben scheint. Ich tippe nun auf den Artikel über die Dorotheenstraße, die mir schon vorher aufgefallen war. Ein Ehepaar Lessing lud hier „zum Salon“, bei welchem Fontane das spätere Vorbild seiner Figur Effi Briest traf. Informationen zu den Personen der genannten Lessing-Familie gibt es leider keine, sodass ich kurzerhand selbst recherchiere. Gemeint sind höchstwahrscheinlich das Ehepaar Emma und Carl Robert Lessing. Letzterer war Herausgeber der Vossischen Zeitung, für die Theodor Fontane zwischen 1870 und 1890 Theaterkritiken schrieb.

‚Na, da komme ich doch morgen glatt vorbei!‘, denke ich mir und speichere die Markierung.

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