Fontanelektüre vertreibt trübe Gedanken einer Imkerin

Ein grauer Tag löst den anderen ab. Heute hat die Sonne ein Einsehen und schickt wenigstens einen kleinen Strahl durch die Wolken. Schaue ich auf die vor meinem Fenster stehende ‚Kiste‘, denke ich sehnsüchtig an den Sommer. Da drinnen hängen jetzt auf noch hoffentlich genügend Futtervorräten zwischen 10.000 und 20.000 Winterbienen eng um die Königin zusammengedrängt in einer Traube. Ich vermisse an diesen trüben Tagen sogar ihre Stiche.

Mir kommen Fontanes Wanderungen durch die Mark Brandenburg in den Sinn – und richtig: Das Kapitel Kienbaum aus dem Band „Spreeland“ wollte ich mir bei Gelegenheit mal genauer ansehen. Fontane, so sagte man mir, habe darin nämlich über Bienen und Imker geschrieben.

Zu Beginn des Kapitels geht es zwar noch nicht um die Bienen, aber um die Herkunft des Dorfnamens, der auf eine besonders „alte knorrige Kiefer“ zurückgeht. Fontane konnte diesen besonderen Baum schon nicht mehr besichtigen, er war inzwischen gefällt worden: Der Stamm sei zwar nicht besonders hoch, aber drei Ellen breit und hohl gewesen – was hätte man daraus für eine tolle Klotzbeute bauen können!

Bald erfahre ich aber – und nun kommt Fontane für mich endlich auf den Punkt – dass Kienbaum „vor hundert Jahren und noch weiter zurück ein Kongreßort war, wo die märkischen Bienenzüchter oder doch jedenfalls die Bienenwirte von Lebus und Barnim zu Beratung ihrer Angelegenheiten zusammenkamen“. Leider, lese ich, weiß man schon zu Fontanes Zeit nicht mehr viel über diese Kongresse zu sagen. Aber einiges findet dieser dann doch heraus:

Bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts, schreibt Fontane, war der „Honigbau“ ein „Spezialrecht“, das nicht jeder Bauer betreiben durfte, erst danach war es „ jedem Bauern und Kossäten“ erlaubt, Bienen zu halten. Schon damals waren die Imker, vor allem aber wohl die Grundherren geschäftstüchtig, wenn es um die Bienen und den so begehrten Honig ging. Bienenweiden, also Flächen, auf denen die Bienen Nektar sammeln konnten, wurden vom Grundherrn verpachtet. Die Beutner (so genannt, weil sie den Honig ‚erbeuten‘) bzw. Imker zahlten die Pacht in Geld und/oder Honig. Sehr interessant finde ich, dass das Amt/der Grundherr dazu verpflichtet war, die Imker mit „einem Hammel, einer Tonne Bier und einem Scheffel Brot zu verpflegen.“ Man wusste offenbar um die Wichtigkeit der Bienen für die Natur und prämierte die Arbeit der Imker dementsprechend. Auch der beste Honig wurde ausgezeichnet. Diese Verhandlungen und Auszeichnungen fanden wohl auf den Kongressen in Kienbaum statt.

Bemerkenswert finde ich dann den Absatz, in dem Fontane (als wäre er selbst Imker) anhand der Pflanzenwelt in und um Kienbaum erklärt, warum es sich bei diesem Ort um eine „vorzügliche Bienenlokalität“ handelt. Wichtig sei, stellt Fontane ganz richtig fest, dass in den Monaten, in denen die Bienen aus ihrem Bau fliegen, „unausgesetzt“ ein ausreichendes Nahrungsangebot vorhanden sein muss. Das „Vorhandensein mannigfachster Pflanzen und Bäume, die sich im Blühn untereinander ablösen“ ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen perfekten Bienenstand. – Recht hat er, der alte Fontane!

Heute schlagen sich die Imker*innen nicht nur mit der zurückgehenden Pflanzenvielfalt herum, sondern auch mit den Folgen der intensiven Landwirtschaft und des Klimawandels. Aber das ist ein anderes Thema…

Und bevor die gute Laune, die mir diese spezielle Fontanelektüre beschert hat, wieder verfliegt, lese ich noch einmal die Zeilen von Theodor Storm, die Fontane dem Kienbaum-Kapitel vorangestellt hat:

Die Bienen hängen Zweig um Zweig
Sich an der Edelheide Glöckchen;
Die Kräuter blühn, der Heideduft
steigt in die blaue Sommerluft.

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